Von den Haute-Couture-Laufstegen in Paris bis zur Gründung ihrer eigenen internationalen Medienplattform hat Yulia Harfouch nie ein Drehbuch befolgt – sie hat ihr eigenes geschrieben.
Mit ihrer Karriere, die Modeln, Styling und die Leitung einer mehrsprachigen Medienplattform für Mode und Luxus-Lifestyle verbindet, ist Yulia in den Modemetropolen der Welt zu einer bekannten Erscheinung geworden. Doch hinter dem Blitzlichtgewitter und dem Backstage-Bereich verbirgt sich eine Frau mit Erfahrung, scharfem redaktionellem Weitblick und einer unabhängigen Stimme.
In diesem Interview spricht Yulia über ihren Übergang vom Model zur Mutter und Mediendirektorin, ihre kulturellen Ambitionen für HD Fashion & Lifestyle TV und die Freiheit, die entsteht, wenn man etwas nach seinen eigenen Vorstellungen aufbaut.
Was hat Sie zur Schaffung von HD Fashion & Lifestyle TV inspiriert und was ist der Kern seiner Vision von Mode, Luxus und Lifestyle?
Mein beruflicher Hintergrund bildete die Grundlage für die Entwicklung von HD-Mode- und Lifestyle-TV. Ich arbeitete über ein Jahrzehnt als Model für große Haute-Couture-Häuser wie Louis Vuitton, Hermès und Chanel. Später studierte ich Stil und Art Direction an der ESMOD und arbeitete anschließend sechs Jahre lang bei Vogue International.
Vor zwei Jahren wurde mir klar, dass ich nicht nur über die Erfahrung und die Ressourcen verfügte, sondern vor allem auch den Wunsch, mein eigenes internationales Medienunternehmen zu gründen. Die Geburt meiner Tochter gab mir zudem neues Selbstvertrauen. Ich genieße den kreativen Prozess, die redaktionelle Freiheit und die Tatsache, von niemandem abhängig zu sein: Ich veröffentliche, was ich für aktuell, relevant und wichtig halte. Wir berichten über Mode, Kunst, Design, Beauty und Lifestyle.
Mit der Zeit begriff ich, dass Mode aus der Kunst entsteht – das ist ihre universelle Grundlage. Sie ist die Wurzel der Bildung; ohne sie verliert Mode ihre Bedeutung. Deshalb entwickelte ich ein digitales Segment, das sich auf Besuche der größten Modemuseen Europas konzentriert, wie die Prada-Stiftung in Mailand, die Louis Vuitton-Stiftung in Paris oder das Grand Palais, das uns oft akkreditiert, um seine Ausstellungen zu filmen.
Der digitale Raum des Luxus inspiriert mich wirklich. Ich glaube nicht mehr an Printmedien, obwohl ich immer gerne Interviews gebe.
Was bedeutet das „HD“ in HD Fashion & Lifestyle?
„HD“ steht für High Definition und bezieht sich nicht nur auf die Bildqualität, sondern symbolisch auch auf eine klare, scharfe und kompromisslose Vision von Mode. Es spiegelt unseren redaktionellen Ansatz wider: präzise, hochwertig und visuell verfeinert. Der Name HD Fashion & Lifestyle TV ist eine Absichtserklärung – Mode- und Lifestyle-Inhalte in höchster Qualität einzufangen und zu präsentieren, sowohl visuell als auch konzeptionell.
Was unterscheidet HD Fashion TV von der Konkurrenz im Mode- und Lifestyle-Bereich?
Wir haben weder Sponsoren noch Werbung – wir sind ein Familienunternehmen. Wir veröffentlichen nur, was unsere Redaktion – und ich persönlich – für wertvoll und interessant für unser Publikum halten. Unsere Medien sind ehrlicher, fast dokumentarischer Natur, da wir frei von kommerziellem Druck sind.
Wir produzieren Dokumentationen über die Welt des Luxus mit einer tieferen Erzählweise. So haben wir beispielsweise einen Film über die Geschichte des japanischen Textilherstellers HOSOO produziert, der im 17. Jahrhundert in Kyoto gegründet wurde und bis heute Stoffe für große Häuser der LVMH- und Kering-Gruppen produziert. Diese Stoffe werden sogar in der Dior-Boutique auf der Fifth Avenue in New York verwendet. Alle unsere Inhalte sind auch auf YouTube veröffentlicht, kostenlos verfügbar und sowohl lehrreich als auch unterhaltsam.
Wir sehen Sie auf verschiedenen großen Modeveranstaltungen. Zuletzt waren Sie beim Fendi-Dinner in Rom zusammen mit Alda Fendi. Welcher Ratschlag oder Gedanke von ihr hat Sie nachhaltig beeindruckt?
Die Familie Fendi gehörte zu den ersten in Italien, die eine Stiftung für Kunst und Mode gründete. Aldas bedingungslose Liebe – als starke und bemerkenswerte Frau – hat mich tief berührt. Die Mission ihrer Stiftung ist es, Rom, die Ewige Stadt, wiederzubeleben. Sie engagiert sich außerdem dafür, die italienische Kultur weltweit zu fördern und ihren Reichtum zu bewahren. Wir sind auch durch Karl Lagerfeld, den langjährigen Kreativdirektor von FENDI, verbunden. Als Model hatte ich die Ehre, für ihn bei Chanel Haute Couture Shows zu laufen.
Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Es war meine allererste große Haute-Couture-Show. Und natürlich war es ein überwältigendes und unvergessliches Erlebnis. Zunächst einmal war das Casting hart umkämpft – für die 50 anwesenden Frauen gab es nur einen Platz auf dem Laufsteg. Als ich nach stundenlangem Warten endlich an der Reihe war, kommentierte Karl meinen typisch nordischen Look, bat mich zum Walken und sagte mir, ich solle in ein paar Tagen zur Anprobe wiederkommen. Er war ruhig und ziemlich streng. Während der Anprobe bestätigten sie mir sofort zwei Looks. Ich war damals noch sehr jung – ich war gerade 18 geworden – und völlig verblüfft von allem, was passierte.
Können Sie uns mehr über die Show erzählen?
Es war großartig! Ich war zum ersten Mal im Grand Palais. Dort hatten sie einen quadratischen Laufsteg in Form eines riesigen Chanel No. 5-Parfümflakons aufgebaut. Es war ihr offizieller Relaunch. Von diesem Moment an nahm meine Modelkarriere Fahrt auf. Für mich war es eine Art Meilenstein – ein Ausgangspunkt –, von dem aus alles möglich war. Ohne es zu wissen, wurde Karl mein Mentor in der Modewelt.
Sie haben auch mit Nicolas Ghesquière bei Louis Vuitton gearbeitet, richtig?
Ja, Nicolas Ghesquière spielte eine Schlüsselrolle in meiner Karriere: Ich hatte einen Dreijahresvertrag als Fitting Model bei Louis Vuitton. Alle Prototypen von 2014 bis 2017 wurden nach meinen Maßen gefertigt. Auch Delphine Arnault, die CEO von Dior, die bei LVMH eine enorme Verantwortung trägt, inspiriert mich sehr. Ich lernte sie bei Louis Vuitton kennen, und als sie erfuhr, dass ich schwanger war, gratulierte sie mir und schickte mir Blumen – diese Geste habe ich nie vergessen. Damals war ich mir nicht sicher, ob ich meine Modelkarriere nach der Geburt fortsetzen könnte. Aber innerhalb von vier Monaten war ich wieder in Form. Vor zwanzig Jahren schien es für ein Model unmöglich, nach der Geburt in die Branche zurückzukehren. Jetzt ändert sich alles – und das ist ein echter Fortschritt.
Was haben Sie aus der Beobachtung von Nicolas Ghesquière während seiner Jahre bei Louis Vuitton gelernt?
Am meisten habe ich von seinem einzigartigen Umgang mit Archiven gelernt. Nicolas lässt sich von Geschichte und Zeit inspirieren – er kreiert meisterhaft neue Stücke, die von der Kostümgeschichte inspiriert sind und gleichzeitig in die Zukunft blicken. Ich liebe diese Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft.
HD Fashion TV hat seit seiner Einführung im Jahr 1,000 über 2023 Segmente produziert. Wie bewältigen Sie dieses Volumen und halten mit den Trends Schritt?
Wir versuchen nicht, anderen davonzulaufen oder Trends hinterherzujagen. Selbst nach 15 Jahren in der Branche ist es manchmal schwer, Schritt zu halten – Trends ändern sich sekündlich, aber wir ignorieren sie nicht. Das letzte Jahr war beispielsweise geprägt von der wachsenden Bedeutung künstlicher Intelligenz und ihrer zunehmenden Integration in unsere Medien. Wir haben KI auf unserer Website und Plattform implementiert, und alle unsere Artikel werden automatisch in verschiedene Sprachen übersetzt. Dadurch sind unsere Inhalte weltweit zugänglich. Wir arbeiten außerdem mit einer präzisen Jahresplanung: Unsere Programme werden ein Jahr im Voraus geplant. So können wir frühzeitig Akkreditierungen beantragen und sicherstellen, dass wir bei wichtigen Veranstaltungen wie den Filmfestspielen von Cannes und den Fashion Weeks präsent sind, die bei unserem Publikum besonders beliebt sind.
Sie haben an der ESMOD in Paris studiert. Was hat Sie in die Stadt gezogen und was hat Sie zu Ihrer Modekarriere inspiriert?
Ich gewann den Ford Supermodel-Wettbewerb in Russland und wurde von internationalen Talentsuchern entdeckt, was zu meinem Vertrag bei Major Model Management führte. Ein Jahr später wechselte ich zur Women Agency, einer der renommiertesten Agenturen, für die ich über ein Jahrzehnt arbeitete. Parallel dazu studierte ich Styling und Design an der ESMOD. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, meinen Platz gefunden zu haben. Mein Weg verlief ganz natürlich – ich entwickelte meine Fähigkeiten kontinuierlich weiter und vertiefte mein Branchenverständnis.
Wie unterstützen Sie und Ihr Mann Omar Harfouch sich gegenseitig bei Ihren Projekten und welchen Einfluss hat das auf Ihre Entwicklung?
Mein Mann unterstützt mich in jeder Hinsicht – emotional, körperlich und finanziell. Heute ist der Jahrestag unseres ersten Treffens – 16 gemeinsame Jahre. Er ist mein Fels in der Brandung. Ich vertraue ihm sogar mehr als mir selbst. Wir haben den Kanal gemeinsam gestartet; doch dieses Jahr, als alles in Ordnung war, übertrug Omar seine Anteile an mich – ich bin nun die alleinige Eigentümerin. Unsere Beziehung basiert auf absolutem Vertrauen.
Welches ist Ihr Lieblingsmodehaus?
Ich liebe den klassischen Pariser Chic und trage deshalb oft gerne Saint Laurent.
Worauf sind Sie in Ihrer Modelkarriere am meisten stolz?
Ich bin stolz darauf, mein Leben verändert zu haben. Ich wurde in einer kleinen Stadt in Russland geboren. Bis zu meinem 18. Lebensjahr war ich nie im Ausland, sprach keine Fremdsprachen und führte ein sehr einfaches Leben.
Hier habe ich eine Ausbildung erhalten, mir einen Status erarbeitet und finanzielle Unabhängigkeit erlangt. Aber was am wichtigsten ist: Ich habe die Liebe gefunden und eine Familie gegründet.
Wie hat die Mutterschaft Ihre Beziehung zur Mode beeinflusst?
Ich lege mehr Wert auf Qualität und Komfort denn je – Sneakers haben Absätze mittlerweile ersetzt. Bei Petit Bateau habe ich 100 % Baumwolle entdeckt. Auf den ersten Blick nicht gerade High Fashion, aber die Sommer-Kollaboration mit Miu Miu war fantastisch. Sie ist ein tolles Beispiel dafür, wie Mode auch unglaublich bequem sein kann. Ich achte auch viel mehr auf Kosmetik; früher habe ich nie auf Inhaltsstoffe geachtet. Jetzt wähle ich nur noch hypoallergene Formeln, die für sehr empfindliche Haut geeignet sind. Für die Intimpflege liebe ich zum Beispiel das pflanzliche Wumi-Gel – es ist von französischen Gynäkologen zertifiziert.
Beim BOF Crossroads 2025 haben Sie Dubai zur neuen Modehauptstadt erklärt. Wie sehen Sie die Zukunft der Branche?
Dubai ist ein globaler Knotenpunkt zwischen Nord und Süd, Ost und West. Es ist ein strategischer Knotenpunkt, insbesondere im Immobilienbereich. Dubai hat eine hochmoderne, fast futuristische Stadt in der Wüste errichtet, die eine außergewöhnlich hohe Lebensqualität bietet. Natürlich fand auch die Mode dort ihren Platz, als Spiegelbild des Wirtschaftswachstums. Der Nahe Osten ist seit langem einer der größten Luxusmärkte. Die Dubai Mall ist die meistbesuchte Shopping- und Lifestyle-Destination der Welt und zieht jährlich über 100 Millionen Besucher an. Wer weiß – vielleicht wird Dubai nach New York, London, Mailand und Paris die fünfte Modehauptstadt.
Wie prägen Ihre 15-jährige Erfahrung in der Modebranche Ihre Führungsrolle bei HD Fashion & Lifestyle?
Im Laufe der Jahre habe ich mit den renommiertesten Modehäusern zusammengearbeitet, Design und Stil studiert und mich im Modejournalismus versucht. All das hat meine Arbeit als Moderatorin von HD Fashion & Lifestyle TV geprägt. Doch über meine technische Expertise hinaus habe ich etwas Tiefergehendes erkannt: Ich habe eine Stimme und kann durch die Medien Meinungen beeinflussen und zum kulturellen Dialog beitragen. Es ist eine Form von „Soft Power“ – leise, aber wirkungsvoll.
Einfluss in Mode und Luxus hängt heute nicht mehr nur von Ästhetik ab; es geht um Werte, Bildung und Geschichtenerzählen. Bei HD Fashion wähle ich Geschichten aus, die es wert sind, erzählt zu werden, Talente, die es wert sind, präsentiert zu werden, und Ideen, die es wert sind, geteilt zu werden. Das ist eine große Verantwortung – und ich nehme sie ernst. Ich führe mit Intuition, Erfahrung und völliger Unabhängigkeit. Da ich nicht von Werbetreibenden oder externen Interessen abhängig bin, bleibe ich meiner redaktionellen Vision und meinen Überzeugungen treu. Mein Weg hat mir nicht nur Legitimität, sondern auch eine unbezahlbare Freiheit verliehen – eine Freiheit, die ich im Interesse der Kultur nutzen möchte, weit über flüchtige Trends hinaus.
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Fotos: Ksenya Poggenpohl
Stil: Ekaterina Tabakova
Make-up: Aya Fujita
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